#1/21

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten

Der Bund Deutscher Finanzrichterinnen und Finanzrichter (BDFR) nimmt auf diesem Wege die Gelegenheit wahr, zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten Stellung zu nehmen.

1. Die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs gegenüber – nicht vertretenen – Bürgern über das eBO wird seitens des BDFR sehr begrüßt. Der BDFR teilt die in der Entwurfsbegründung geäußerte Auffassung, dass hierdurch eine medienbruchfreie und unkomplizierte elektronische Kommunikation mit den Gerichten ermöglicht wird.

2. Der BDFR hat allerdings Bedenken gegen die rechtliche Ausgestaltung der elektronischen Zustellung gegenüber nicht vertretenen Prozessbeteiligten.

a) Nach § 173 Abs. 4 ZPO in der Fassung des Regierungsentwurfs (ZPO-E) soll an andere als die in § 173 Abs. 2 ZPO Genannten – also vor allem nicht durch Berater vertretene Beteiligte – ein elektronisches Dokument elektronisch zugestellt werden können, wenn diese der Zustellung elektronischer Dokumente für das jeweilige Verfahren zugestimmt haben. Die Zustimmung soll mit der Einreichung eines elektronischen Dokuments im jeweiligen Verfahren auf einem sicheren Übermittlungsweg als erteilt gelten.
Ein nicht vertretener Bürger stimmt auf dieser normativen Grundlage bereits durch die Erhebung der Klage über das eBO elektronischen Zustellungen zu. Da dem nicht vertretenen Bürger in aller Regel § 173 Abs. 4 Satz 2 ZPO-E unbekannt sein wird, ist absehbar, dass bei nicht regelmäßiger Kontrolle der eBO Zustellungen (z.B. eines nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist nicht mehr anfechtbaren Gerichtsbescheids, § 90a FGO) übersehen werden. Nach Auffassung des BDFR ist diese Zustellungsregelung nicht nur durch zu erwartende Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand absehbar streitanfällig, sondern auch unangemessen rechtschutzverkürzend. Der BDFR hält es daher – sollte die „automatische“ Zustimmung zu elektronischen Zustellungen gesetzlich festgeschrieben werden – für geboten, dass der Bürger auf die Möglichkeit automatischer elektronischer Zustellungen hingewiesen wird. Bei Ausbleiben dieses Hinweises sollte in § 173 Abs. 4 ZPO-E die Rechtsfolge normiert werden, dass die vorgenommene elektronische Zustellung unwirksam ist.

b) Zudem begegnet es Bedenken, dass die Wirksamkeit elektronischer Zustellungen gegenüber professionellen Einreichern (§ 173 Abs. 2 ZPO-E) an die voluntativ in Gang gesetzte Rücksendung des eEB gekoppelt wird, während dies beim einfachen Bürger nicht der Fall sein soll. Umgekehrt wäre die Regelung nachvollziehbarer. Einem bereits nach seiner Berufsordnung zur Einsichtnahme in sein elektronisches Postfach Verpflichteten können „automatische“ Zustellungen zugemutet werden.

3. Unseres Erachtens sollte auch frühzeitig schlechte „Publicity“ des eBO vermieden werden. Denn welcher Bürger wird dieses – auch der Arbeitserleichterung der Gerichte dienende Kommunikationsmittel – nutzen wollen, wenn ihm aus der Presse oder anderweitig „nachteilige überraschende Zustellungen“ bekannt werden.

Der BDFR steht für die Beteiligung an dem weiteren Gesetzgebungsverfahren selbstverständlich gerne zur Verfügung.